Formel 1: Weltmeisterteam Mercedes dreht mit dem neuen W12 die ersten Runden bei Testfahrten in Bahrain
Nur 12 Wochen nach dem Fallen der letzten karierten Flagge in der Formel 1-Saison 2020 hat das Mercedes-AMG Petronas Formel 1 Team offiziell seinen Rennwagen für die Saison 2021 vorgestellt. Der Mercedes-AMG F1 W12 E Performance wurde heute in den brandneuen Race Bays in unserem Technologie-Zentrum in Brackley präsentiert. In diesem Rahmen wurde die Spitzenanlage offiziell eröffnet, die über die letzten 18 Monate hinweg entstanden ist.Die Werke glichen über den Winter einem Bienenstock. Die Teammitglieder suchten auf ihrer Jagd nach mehr Performance neue Lösungen, Möglichkeiten und Verbesserungen. Lange Tage, lange Nächte, harte Entscheidungen und angespannte Deadlines: Dank des gemeinsamen Einsatzes aller Teammitglieder konnten wir sicherstellen, dass der W12 pünktlich bereit ist, um auf die Rennstrecke zu fahren.
„Wir richten unseren Fokus in jedem Jahr neu aus und definieren die richtigen Ziele“, sagte Toto Wolff. „Das mag einfach klingen, aber es ist verdammt schwierig und wahrscheinlich der Grund dafür, warum es keine anderen Sportmannschaften mit sieben aufeinanderfolgenden WM-Titeln gibt. Es kann so viel passieren und es wäre nur natürlich, dass man sich an Erfolge gewöhnt und deshalb nicht mehr so hart dafür kämpft.“

© Damler
„Aber dieses Team hat kein einziges Anzeichen dafür gezeigt. Ich sehe noch immer das gleiche Feuer, den gleichen Hunger und die gleiche Leidenschaft wie 2013, als ich das erste Mal durch die Gänge in der Fabrik gegangen bin. Jede Saison ist eine neue Herausforderung und bringt ein neues Ziel mit sich, das wir erreichen wollen. Die Saison 2021 bringt Veränderungen am Reglement mit sich, die sich auf unsere Wettbewerbsfähigkeit auswirken könnten. Gleichzeitig tritt die Budgetobergrenze in Kraft und wir müssen am großen Regelumbruch für 2022 arbeiten. Diese Herausforderungen spornen uns an.”
Das 2021er Rennauto des Teams trägt den Namen Mercedes-AMG F1 W12 E Performance und ist unser erstes Auto, das die Bezeichnung „E PERFORMANCE“ erhält. Damit bringen wir die zukünftige engere Zusammenarbeit mit der Performance-Abteilung Mercedes-AMG zum Ausdruck. „E PERFORMANCE“ ist die neue Technologiebezeichnung, die in den Produktnamen und Plaketten aller zukünftigen Performance-Hybridfahrzeuge von Mercedes-AMG Verwendung finden wird. Diese werden Technologie aus der Formel 1 beinhalten, insbesondere die Arbeit von Mercedes AMG High Performance Powertrains in Brixworth.
Die engere Zusammenarbeit des Teams mit AMG spiegelt sich auch in der neuen Lackierung für die Saison 2021 wider. In diesem Zuge ersetzt das AMG Branding das Sternen-Muster auf der Motorabdeckung, auf der die schwarze Grundlackierung, die wir im Jahr 2020 erstmals eingesetzt haben, nun in das traditionelle Racing-Silber übergeht. Die prominenteste Farbe bleibt das ikonische Grün von Titelpartner PETRONAS auf den Front- und Heckflügeln, der Nase, den Rückspiegeln und dem Halo. An den Seiten des Fahrzeugs befinden sich parallele grüne sowie silberne Streifen, mit denen wir die seit über einem Jahrzehnt andauernde Partnerschaft zwischen Mercedes und PETRONAS symbolisieren. Die visuelle Identität wird vom Burgunderrot des Teamteilhabers und Principal Partners INEOS komplettiert, das an der Airbox undan den Innenseiten der Frontflügel-Endplatten zu sehen ist. Das Ergebnis ist ein markanter und unverwechselbarer Look für die neue Saison.

© Daimler
Nach der Bekanntgabe der neuen Anteilsverhältnisse am Ende des vergangenen Jahres beginnt für das Team in dieser Saison ein spannendes neues Kapitel, in dem Toto, Daimler und INEOS gleichgestellte Anteilseigner mit jeweils einer Beteiligung von einem Drittel sind.
„Die Tatsache, dass wir INEOS als Investor gewinnen konnten, zeigt, dass wir einen starken Business Case haben und dass die F1 weiterhin eine hochattraktive Plattform für große Marken und Unternehmen ist“, sagte Toto. „Zudem erleben wir eine leichte Veränderung in der Arbeitsweise von F1-Teams, da uns die Budgetobergrenze und die neue Struktur in Richtung eines Geschäftsmodells bewegen, das mehr einem amerikanischen Sport-Franchise ähnelt.“
„Gleichzeitig geben drei starke Teilhaber dem Team mehr Stabilität für die Zukunft. Persönlich verschreibe ich mich sehr gerne langfristig dem Team und erhöhe meinen Anteil daran leicht. Ich habe schon immer gesagt, dass dieses Team für mich wie eine Familie ist und ich bin unheimlich stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.“
Erhebliche Aerodynamikänderungen für die Saison 2021
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung der 2021er F1-Autos war die Anpassung an das neue Aerodynamik-Reglement, das mehrere einschneidende Veränderungen in entscheidenden Performance-Bereichen des Fahrzeugs mit sich bringt.
„Wenn man ein Auto verlangsamen möchte, was faktisch der Sinn hinter den Regeländerungen ist, sind Modifikationen am Unterboden der einfachste und kostengünstigste Weg, um dieses Ziel zu erreichen“, sagte James Allison. „Der Unterboden ist eine so wichtige Komponente der Aerodynamik, dass schon kleine geometrische Veränderungen große Performance-Verringerungen mit sich bringen. Nachdem die Regeln beschlossen waren, war es unsere Aufgabe, herauszufinden, wie wir die Verluste durch die Regeländerungen wieder zurückgewinnen können.“
Das stellte unsere Designer vor eine beträchtliche Herausforderung, da sie versuchen mussten, die durch die Regeländerungen verlorene Performance zurückzugewinnen. Die vier wichtigsten Modifikationen am Unterboden sind:
- Ein dreieckiger Ausschnitt am Unterboden vor den Hinterrädern.
- Eine Verringerung der Größe der Winglets an den hinteren Bremsbelüftungen um einige Zentimeter.
- Eine Verkürzung der beiden Umlenkbleche am Diffusor, die der Fahrzeugmitte am nächsten sind.
- Das Schließen der Schlitze im Unterboden im Bereich der Bargeboards.
Die Veränderungen an der Aerodynamik waren ein Schlüsselbereich bei der Entwicklung des W12, einige der Teile an unserem neuen Auto sind jedoch identisch zu jenen am W11. Der Grund dafür ist, dass die Regeln die Übernahme einiger Komponenten vorschreiben. Dadurch hat sich die Arbeitslast für unser neues Auto auf gewisse Weise reduziert, aber diese Tatsache brachte gleichzeitig auch ihre eigenen, neuen Herausforderungen und Schwierigkeiten mit sich.
„Was übernommen wird und was nicht, wird von Team zu Team verschieden sein“, erklärt James Allison. „Die Regeln frieren einen großen Teil des Autos ein, geben jedem Team jedoch die Möglichkeit, zwei Tokens (wie Wertmarken) für Änderungen am Auto einzusetzen. Zu den Tokens gehört eine Einkaufsliste, die verrät, wie viele Tokens für eine spezielle Änderung eingesetzt werden müssen. Wofür die Teams ihre Tokens verwenden, blieb komplett ihnen überlassen.“

© Daimler
„Zudem gibt es einige Fahrzeugteile, die man ohne den Einsatz von Tokens verändern darf, zum Beispiel die Power Unit, die Kühlsysteme, die Aufhängung und natürlich alle aerodynamischen Oberflächen. Wir haben unsere Tokens verbraucht, aber wir verraten noch nicht wofür. Das wird beizeiten klar werden. Sobald die Rennen wieder beginnen, wird so ziemlich alles unter der Fahrzeugverkleidung für den Rest des Jahres eingefroren. Mit ausdrücklicher Erlaubnis der FIA darf man Änderungen aus Zuverlässigkeitsgründen oder zur Kostensenkung vornehmen, aber wenn ein Teil des Autos nicht gut funktioniert, muss man damit für den Rest der Saison leben.“
Die erheblichen Veränderungen an der Aerodynamik des Unterbodens sowie die Anpassung an die neuen Regeln zur Übernahme von Teilen beschäftigten das Team über den Winter, aber es gibt in vielen Bereichen des Autos auch Verbesserungsmöglichkeiten. Daran haben unsere Ingenieure unermüdlich gearbeitet, um mit dem neuen Auto einen Sprung nach vorne zu machen.
„Die restlichen Arbeiten an der Aerodynamik folgten dem üblichen Muster, um auf jedem Quadratzentimeter des Autos nach aerodynamischen Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen“, fügte James hinzu. „Besonderes Augenmerk lag dabei darauf, Bereiche zu finden, in denen wir zusätzliches Gewicht für raffiniertere aerodynamische Geometrien nutzen können.“
„In der Saison 2021 dürfen die Autos 6 kg schwerer sein und uns stehen durch das Verbot von DAS noch ein paar zusätzliche Kilos zur Verfügung. Darüber hinaus sorgen die Übernahmeregeln dafür, dass wir Wege finden müssen, um einige Teile langlebiger zu machen, damit wir sie nicht mehr so oft ersetzen oder kaufen müssen.“
In diesem Jahr gibt es neue Vorschriften für aerodynamische Tests (ATR). In diesem Rahmen werden die erlaubten Windkanal- und CFD-Stunden reduziert. Zudem gibt es eine Art Handicap, gemäß dem Teams, basierend auf ihrer WM-Position, mehr oder weniger Zugriff auf diese aerodynamischen Werkzeuge erhalten. Aus diesem Grund erhalten wir als amtierender Konstrukteurs-Weltmeister in diesem Jahr 22% weniger Zugriff darauf als der Letztplatzierte der Konstrukteurs-WM 2020.

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„Wir haben schon immer versucht, das Beste aus jedem Windkanalversuch und jeder CFD-Sitzung herauszuholen. Aber nichts treibt einen mehr an, produktiver und effizienter zu werden als die Einführung einer solchen neuen Einschränkung“, sagte James. „Wir sind fest entschlossen, bessere Arbeitsweisen zu finden, damit wir die Auswirkungen dieses Handicaps ausgleichen können.“
Pirelli bringt in dieser Saison neue, haltbarere Reifen, die von den Teams im vergangenen Jahr in Portimão, Bahrain und Abu Dhabi getestet wurden. Keines der Teams besitzt viel Erfahrung damit und vor Saisonbeginn stehen allen nur drei Wintertesttage zur Verfügung. Entsprechend kommt es auf jede Runde an, um sich an die neuen Reifen zu gewöhnen.
„Die Reifen sind ein bisschen langsamer, ein Kompromiss für eine höhere Haltbarkeit, aber sie sind konstant und sollten uns reibungslose Rennen ermöglichen“, sagte James. „Sie werden jedoch ein interessanter Faktor bei der Wettbewerbsfähigkeit in diesem Jahr sein. Immer, wenn sich die Reifen verändern, kommt es darauf an, welches Team schneller den Sweetspot findet, an dem die neuen Gummis ihre beste Performance liefern.“
Diese unterschiedlichen Elemente summieren sich in der Saison 2021 zu einer beträchtlichen Herausforderung auf und machen es zu mehr als einem reinen „Übergangsjahr“. Aber während wir kurz vor dem Saisonstart 2021 stehen, arbeitet bereits eine Gruppe an den umfangreichen Regeländerungen für 2022.
„Es wäre optimal, wenn man ein so wahnsinnig schnelles Auto hätte, dass man es sofort links liegen lassen und sich auf den Nachfolger konzentrieren könnte“, sagte James. „Aber so einfach ist es in der Formel 1 nie. Die Saison 2021 wird unsere Aufmerksamkeit zwangsläufig von den seismischen Veränderungen des neuen Reglements für 2022 ablenken.“
„Das gesamte Jahr wird eine Gratwanderung, um einerseits genug zu tun, um 2021 konkurrenzfähig zu sein, aber andererseits so viel wie möglich an 2022 zu arbeiten. Die ewige Herausforderung der Formel 1 folgt dem Grundsatz: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Dies angesichts der Budgetobergrenze und dem komplett neuen technischen Reglement für 2022 umzusetzen, wird eine Herausforderung wie keine zuvor.“
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10. März: Ferrari (Sachir)
Daimler / DW