Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Sao Paulo
George Russell erfüllt ein Versprechen, Max Verstappen stellt auf stur, und Mick Schumacher darf auf einen Ausweg hoffen. Die Eindrücke aus Brasilien.Formel 1 Sao Paulo Grand Prix Brasilien Interlagos: Magnussen holt Pole im Sprintrennen!
São Paulo (SID) - GEORGE RUSSELL: Als Teenager stand George Russell vor Toto Wolff, im schwarzen Anzug, die Fliege gebunden. Mit Hilfe einer Power-Point-Präsentation erklärte er dem Mercedes-Motorsportchef, dass er eines Tages Rennen im Silberpfeil gewinnen wolle - acht Jahre später hat er dieses Versprechen nun wahr gemacht. Russell wird seinem Ruf also gerecht, das Wochenende in Sao Paulo gehörte voll und ganz ihm: Der 24-Jährige ist extrem schnell und zugleich analytisch in seinem Fahrstil. Und Mercedes kann sich freuen: Mit dem Ausnahmetalent haben die Dominatoren von einst schon jetzt den Fahrer der Zukunft unter Vertrag. Wenn Lewis Hamilton irgendwann doch einmal aufhört, dann muss dem Werksteam nicht bange sein.
MERCEDES: Hamilton allerdings denkt ja noch gar nicht ans Karriere-Ende, und der Auftritt des Teams in Interlagos dürfte daran nichts geändert haben. Seit zwei Rennen schon, seit einem Update-Paket in Austin, ging es spürbar bergauf für Mercedes. In den USA und Mexiko fuhr Hamilton bereits auf Rang zwei, in Brasilien gewann Russell nun den Sprint und den Grand Prix - der erste Sieg des Jahres ist endlich abgehakt, für ein Wochenende kehrte Mercedes zurück zur alten Dominanz. Warum der Abstand derart groß war, konnte selbst Toto Wolff nicht erklären. Der Aufwärtstrend allerdings sei kein Zufall. Mercedes, so ist der Eindruck, nimmt am Ende eines schwierigen Jahres Schwung für die kommende Saison auf.
MAX VERSTAPPEN: Welch einen Unterschied zwei Wochen machen können. Im Oktober noch wirkte Red Bull, vor allem aber Max Verstappen unantastbar, in Sao Paulo bröckelte nun Schicht für Schicht ab. Das Auto war auf der Berg- und Talbahn eindeutig nicht mehr das Schnellste, das war schon am Samstag ersichtlich. Am Sonntag verstärkte sich dieser Eindruck, zudem patzte die Crew beim Stopp - das dicke Ende kam aber in der letzten Runde. Verstappens Weigerung, seinem Teamkollegen Sergio Perez im Kampf um die Vize-WM den sechsten Platz zu überlassen, wirkte fast beispiellos. Schließlich geht es für Verstappen um nichts mehr, sein Titel ist lange perfekt. Zudem hätte er schon die WM 2021 ohne Perez' Arbeit als Gehilfe nicht gewinnen können. Es sei aber "etwas vorgefallen", sagte der Niederländer nun - und Perez ließ durchblicken, dass er vom Menschen Max Verstappen ziemlich wenig hält. Das ist eine interessante Gemengelage vor dem Hintergrund, dass Perez seinen Vertrag in diesem Jahr bis 2024 verlängert hat. Verstappen ist ohnehin langfristig gebunden.
MICK SCHUMACHER: Ab und zu ist Mick Schumacher durchaus anzumerken, was er von dieser Saison hält, aber so deutlich hatte er es noch nie gesagt. "Manchmal ist es dein Jahr und manchmal nicht", stellte er nach dem Rennen fest: "Ich schätze, das hier ist nicht mein Jahr." Es war ein weiterer Grand Prix, in dem Punkte möglich schienen, es am Ende aber doch nichts wurde - ohne offensichtlichen Fehler, zwischendurch fehlte aber Tempo. Gut möglich, dass es Schumachers vorletztes Rennen für Haas war, in dieser Woche will der Rennstall endlich seinen Plan für 2023 verkünden. Nico Hülkenberg könnte Schumacher das Stammcockpit wegnehmen. Immerhin: Mercedes-Sportchef Toto Wolff bestätigte am Sonntagabend, dass man sich in diesem Falle mit dem Sohn des Rekordweltmeisters beschäftigen werde. Es geht um eine Rolle als Ersatzfahrer, aber auch das wäre deutlich mehr als nichts.
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Das zeigt, wer er wirklich ist." (Sergio Perez hat offenbar nicht die beste Meinung von Max Verstappen)
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