Gleichteileprinzip zwischen Audi R18 ultra und Audi R18 e-tron quattro
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24h Le Mans: Zwillinge für Le Mans - Gleichteilekonzept im Audi R18 e-tron quattro und dem R18 ultra

(Speed-Magazin) Audi startet nächste Woche bei den 24 Stunden von Le Mans mit zwei unterschiedlichen Modellen – dem R18 e-tron quattro und dem R18 ultra. Dank der ausgeklügelten Konzeption bleibt der technische und logistische Aufwand für die beiden Modelle außergewöhnlich gering einige Überraschungen einbegriffen.

Wenn Techniker und Logistiker sich auf die größte Veranstaltung des Jahres – die 24 Stunden von Le Mans – vorbereiten, mündet eine komplexe Vorbereitungsphase in die intensivste Woche des Jahres: Audi Sport und das Audi Sport Team Joest sind bereit für das rund 5.000 Kilometer lange Rennen. Es wurde versucht, alle Eventualitäten vorherzusehen, der Tausch exponierter Teile immer und immer wieder geprobt, Ersatzeile auf Passgenauigkeit am späteren Einsatzfahrzeug geprüft, Notfallpläne für Reparaturen erstellt und ganze Baugruppen wie die Viertelfahrwerke am Chassis vormontiert.
 

Audi R18 ultra und Audi R18 e-tron quattro
Audi R18 ultra und Audi R18 e-tron quattro
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"Dieser Aufwand ist groß, aber notwendig, um für diesen 24-Stunden-Sprint gut vorbereitet zu sein", urteilt Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich aus der Erfahrung von zehn Gesamtsiegen in Le Mans. "Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von zwei verschiedenen Fahrzeugen eigentlich ein Albtraum für alle Logistiker und Techniker."
 
2012 tritt Audi mit zwei Modellen in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) an – dem R18 ultra und dem R18 e-tron quattro. Dieser erste Diesel-Hybridrennwagen in Le Mans unterscheidet sich in einigen Bereichen fundamental vom konventionell angetriebenen Modell. Zum Beispiel verfügt der e-tron quattro über eine elektrisch angetriebene Vorderachse zusätzlich zum herkömmlichen Hinterradantrieb, über eine Motor-Generator-Einheit (MGU) an der Vorderachse, einen Drehmassenspeicher, ein zusätzliches Kühlsystem und neue Detaillösungen.
 
"Umso erstaunlicher ist es, dass unsere Techniker in hohem Maße ein Gleichteileprinzip verwirklicht haben", hebt Dr. Ullrich die Leistungen seiner Mannschaft hervor. "Der R18 ultra ist überhaupt erst die Basis, die es möglich gemacht hat, den R18 e-tron quattro umzusetzen. Wenn wir die Gewichtsdifferenz zwischen unserem Le-Mans-Sieger von 2011, dem R18 TDI, und dem aktuellen R18 ultra nicht erreicht hätten, wären wir chancenlos gewesen. Denn wir mussten das gesamte Hybridsystem im Fahrzeug zusätzlich unterbringen. Und trotzdem war es das Ziel, noch unterhalb des Mindestgewichts von 900 kg zu bleiben, um einen gewissen Spielraum zu haben, das Fahrzeug mit Ballastgewichten auszubalancieren."
 
Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich, Audi R18 e-tron quattro
Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich, Audi R18 e-tron quattro
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Diese doppelt anspruchsvolle Aufgabe hat Audi durch konsequente Konstruktion und Aufbaulogik bis ins Detail gemeistert. Nur ein Beispiel: Der Audi R18 ultra verfügt über exakt das gleiche Monocoque wie sein Schwestermodell, das unter anderem zwei Öffnungen für die vorderen Antriebswellen besitzt, die natürlich nur für den Allradantrieb quattro benötigt werden.
 
Ein moderner Sportprototyp besteht aus rund 4.000 einzelnen Komponenten – von der Unterlegscheibe als einem der kleinsten Teile bis zu ausladenden Karosserieelementen wie der Heckhaube. "Trotz der großen konzeptionellen Unterschiede zwischen Hybridantrieb und herkömmlichem Diesel-Heckantrieb ist es uns gelungen, mit unter 100 hybridspezifischen Einzelteilen auszukommen", verrät Dr. Ullrich. Die beiden äußerlich ganz unterschiedlich beklebten Sportprototypen unterscheiden sich also nur in rund 2,5 Prozent ihrer Bauteile.
 
Fast also sind die "Zwillinge" für Le Mans eineiig – mit verblüffenden Konsequenzen. Würde es beispielsweise eine logistische Situation etwa bei einem Überseerennen erzwingen, nach einem Trainingsunfall ein beschädigtes Fahrzeug vor Ort neu aufzubauen, so wäre ein Tausch denkbar. "Auch wenn eine solche Anforderung eher unwahrscheinlich ist, könnten wir zumindest theoretisch einen R18 ultra zu einem R18 e-tron quattro umbauen", erklärt Dr. Ullrich. Der Clou: "Der technische Umbau würde sogar weniger Zeit in Anspruch nehmen als die aufwendige neue Beklebung der Karosserie." Würde man einen unbeklebten R18 e-tron quattro neben einen ebenfalls carbonschwarzen R18 ultra stellen, könnten nicht einmal die Techniker von Audi Sport beide Autos äußerlich voneinander unterscheiden. Lediglich eine kleine Diode hinter der rechten Fahrertür signalisiert den Betriebszustand des Hybridsystems im R18 e-tron quattro.
 
Die vielen Fans an der Strecke von Le Mans dürfen sich unterdessen auf einen spannenden Kampf der Konzepte freuen. Die beiden Audi R18 e-tron quattro mit den Startnummern "1" und "2" stehen für Hybridantrieb, die beiden R18 ultra mit den Nummern "3" und "4" für ultra-Leichtbau und ein besonders ausgeklügeltes konventionelles Konzept. Die Logistiker von Audi haben an beiden Rennwagen-Modellen besonders große Freude.

Audi / SC