"Wir sind in der Mitte der Saison. Es ist noch ein weiter Weg bis dahin."
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DTM: Maxime Martin "Meister? Ja, warum nicht?"

(Speed-Magazin.de) Maxime Martin is on fire. Der Belgier war zuletzt der Mann der Stunde am Norisring. Nachdem der BMW-Pilot zuvor bereits beim zweiten Lauf am Hungaroring als Dritter auf das Podium gefahren war, belegte der 31-Jährige auf dem Stadtkurs am Samstag Platz zwei und tags darauf triumphierte er nach einem packenden Rennverlauf. Damit fuhr Martin in den letzten drei Rennen sage und schreibe 61 Zähler ein und verbesserte sich im Gesamtklassement hinter Mattias Ekström (Audi/89) und Lucas Auer (Mercedes-AMG, 87) auf Rang drei mit 78 Punkten. 2014 gewann Martin in Moskau sein allererstes DTM-Rennen. DTM sprach mit ihm vor den beiden Läufen des Wochenendes auf dem Moscow Raceway über seine Chancen im Titelrennen, seine Vergangenheit als Tennisspieler und inwieweit sein Vater seine Karriere beeinflusste.

Du warst als Jugendlicher Mitglied der belgischen Tennis-Nationalmannschaft. Wie bist Du zum Motorsport gekommen?
Ich habe schon als Kind Tennis gespielt. Bis zum Alter von 16, 17 Jahren war ich richtig gut. Dann bekam ich Rückenprobleme und musste aufhören. Mein Vater war ein bekannter Rennfahrer, deshalb habe ich diesen Sport natürlich auch immer hautnah verfolgt. Mit 19 habe ich mir dann gesagt, okay, dann versuche ich Rennen zu fahren. Ich begann in der belgischen Mini Cooper Challenge. Ich gewann sehr schnell Rennen. Es war eine harte Zeit, aber es hat sich ausgezahlt.

Du hast, wie gesagt, sehr spät mit dem Motorsport angefangen. Du hattest keine Erfahrungen im Kart-Sport. War das ein Nachteil für Dich?


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Das kann man sehen, wie man will. Ich denke nicht. Ich bin nur eine Saison lang Formula Monza gefahren, ansonsten hatte ich keine Erfahrungen im Single-Seater. Als ich zur DTM kam, hatte ich keine Erfahrungen mit Anpressdruck in der Form. Aber dennoch war ich wettbewerbsfähig. Und das bin ich, seitdem ich angefangen habe Rennen zu fahren. Vielleicht wäre ich besser, wenn ich Kart gefahren wäre, ich weiß es nicht. Aber, ich bin glücklich mit dem, was ich tue und mit dem, was ich erreicht habe, auch ohne Kart zu fahren. Unter dem Strich ging es auch ohne.

2013 hast Du die Zuschauer beim 24h-Rennen am Nürburgring schwer beeindruckt. Du hast bei strömendem Regen im letzten Stint 20 Sekunden pro Runde auf die Führenden aufgeholt und bist von Platz vier noch auf Rang zwei gefahren. Was macht einen guten Fahrer im Regen aus?
Um ehrlich zu sein: Ich habe keine Erklärung dafür. Das einzige, was ich sagen kann: Ich fahre gerne im Regen. Viele Fahrer mögen es nicht. Vielleicht bin ich deshalb schneller, weil ich das Vertrauen habe. Ich denke auch nicht, dass ich mehr Risiko als andere nehme, ich hatte noch nie einen Crash.

Du bist ein Spezialist für die Langstrecke. Fährst Du lieber im Team, als auf Dich allein gestellt zu sein?
Ich habe in meiner Karriere immer Langstrecken-Rennen bestritten. Ich habe 2005 angefangen als Rennfahrer. Mittlerweile habe ich mehr als 30 24h-Rennen absolviert. Das ist sehr viel. Sich mit anderen das Auto zu teilen, das hast du in der DTM halt nicht. Ich weiß nicht, was ich bevorzuge. In der DTM bist du immer am Limit, du musst 110 Prozent geben. Es ist eine komplett andere Mentalität. Die Kombination hat mich in beide Richtungen verbessert.

Wie lautet das Erfolgsrezept, um in der DTM schnell unterwegs zu sein?
Die DTM ist sehr speziell. Das Auto hat sehr viel Anpressdruck und Grip. Du hast mehr Anpressdruck und Gewicht als in einem Formel-1-Wagen. Es ist eine Mischung aus Formel- und GT-Racing. Um schnell zu sein, musst du auf jeden Fall die Reifen richtig behandeln. Das ist ein wichtiger Part. Und du musst den Anpressdruck so optimal nutzen, wie du kannst.

Du nutzt oft den Hashtag „#pushpapy“. Was hat es damit auf sich?
Das ist 2013 beim Rennen auf dem Nürburgring entstanden, als ich mich im Regen noch auf das Podium gekämpft habe. Im letzten Stint musste ich sehr pushen. Im Team nannten sie mich ohnehin schon „Papy“. Und nach dem Rennen haben sie mir pushpapy auf das angestaubte Auto geschrieben. So ist das Ganze entstanden. Und nun ist es ein Teil von mir. Ich mag es.

Dein Vater Jean-Michel ist eine belgische Rennfahrer-Legende. Er gewann viermal die 24 Stunden von Spa. Und 1992 das 24h-Rennen auf dem Nürburgring mit Christian Danner, Johnny Cecotto und Marc Duez. Wie wichtig war er für deine Karriere?


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Natürlich reden wir viel über Motorsport. Er hatte die Kontakte und hat mir am Anfang geholfen. Wir waren sechs Kinder, ich habe noch vier Schwestern und einen Bruder. Er hat mir immer gesagt, wenn du Rennen fahren willst, sehr schön, ich werde dich nie bremsen. Aber, ich kann mehr nicht für dich tun. Wir haben das Geld nicht, dass ist bei sechs Kindern unmöglich. Ich musste mir meine Partner selber suchen. Aber er spielte immer eine große Rolle. Zum Beispiel bei den Entscheidungen, in welchem Team oder in welcher Serie ich fahren sollte. Er war immer involviert.

Dein Sohn Felix ist jetzt zehn Monate alt. Gibt es schon erste Anzeichen, dass er ebenso talentiert ist, wie du?
(lacht) Er wird sicher zuerst Tennis spielen. Das ist zu früh, um dazu etwas sagen zu können. Das zweite Kind ist unterwegs, es kommt im Dezember. Der Wunsch müsste von ihm selber kommen. Das war bei mir auch so. Für mich war es die richtige Wahl. Die ersten sechs Jahre als Rennfahrer habe ich nebenbei noch gearbeitet. Wenn du beispielsweise vier bist, entscheidest du dich ja nicht bewusst dafür, ich fahre jetzt Kart. Ich werde ihn nicht zu irgendwas drängen, ihm aber überall helfen.

Dritter, Zweiter, Erster, das waren deine jüngsten Resultate. In Moskau hast du 2014 dein allererstes DTM-Rennen gewonnen. Da können wir ja am Wochenende einiges von Dir erwarten…
In der DTM bist du an einem Wochenende schlecht, am nächsten Wochenende gut. Das ist schwer zu sagen. Es gibt ups an downs. Verschiedene Kurse. Norisring und Moskau sind total unterschiedliche Strecken. In der Regel komme ich hier gut zurecht. Insofern hoffe ich, dass ich wettbewerbsfähig sein werde. Das Paket stimmt. Es wird sicher interessant. Es ist alles sehr eng.

Kannst Du die Meisterschaft gewinnen?
Wir sind in der Mitte der Saison. Es ist noch ein weiter Weg bis dahin. Aber, die Meisterschaft gewinnen, das können mehrere Fahrer von allen Herstellern. Ja. Warum nicht?!

DTM / ND