Das teuerste Auto der Welt bei seiner Auktion in Monterey
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Oldtimer-Auktionen: Goldrausch in Monterey

(Speed-Magazin.de) Nüchtern betrachtet ist die blaue Mauritius ein Postwertzeichen aus einer ehemaligen britischen Kolonie, die Mona Lisa ein Ölbild aus dem 16. Jahrhundert und ein Ferrari 250 GTO Coupé ein 56 Jahre altes Auto. Liebhaber und Kenner freilich können sich je nach Interesse an einem der drei Preziosen völlig berauschen. Bei Philatelisten gilt die Briefmarke als das Nonplusultra. Kenner der Bildenden Künste stufen Leonardo da Vincis Meisterstück als Werk von unschätzbarem Wert ein. Und der Ferrari ist seit dem 24. August mit umgerechnet 41,63 Millionen Euro zurzeit das teuerste, bei einer Versteigerung verkaufte Auto der Welt.

Das Fahrzeug markierte den Spitzenbetrag, den Sammler in diesem Jahr bei den an Rekorden reichen Oldtimer-Auktionen der Monterey Car Week an der kalifornischen Pazifikküste los wurden.

Wie jedes Jahr artete der Versteigerungsmarathon zu einem Zweikampf der Schwergewichte im Auktionsgewerbe, Sotheby´s und Gooding & Company aus. Sotheby´s hatte am Ende die Nase vorn und spülte 158 Millionen Dollar (135,88 Millionen Euro) in seine Kassen, während Gooding etwas mehr als 116 Millionen Dollar (100 Millionen Euro) schaffte. Unter dem Strich summierten sich die Erlöse bei allen sechs Auktionshäusern, die 2018 in Monterey dabei waren, auf 367,5 Millionen Dollar (316,1 Millionen Euro) - rund 50 Millionen Dollar (43 Millionen Euro) mehr als im vergangenen Jahr. Im Angebot waren 1376 wertvolle, mehr oder weniger alte Autos, 841 von ihnen wechselten am Ende den Besitzer, was einer Verkaufsrate von 61 Prozent entsprach. Drei Autos erzielten mehr als 20 Millionen Dollar (17,2 Millionen Euro).

Der Ford GT40 Mk II (1966) erzielte 8,42 Millionen Euro
Der Ford GT40 Mk II (1966) erzielte 8,42 Millionen Euro
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Die drei Spitzenreiter alleine sorgten zusammen nicht nur für ein Ergebnis von mehr als 91 Millionen Dollar. Sie stellten jeweils auch einen Rekord auf. Unangefochten die Spitze der Charts behauptete Sotheby´s mit 48,4 Millionen Dollar (41,63 Millionen Euro) für ein Ferrari 250 GTO Coupé, das damit zum weltweit teuersten, bislang versteigerten Auto aufstieg. Noch teurer war bisher nur ein Ferrari, der bei einem normalen Deal den Besitzer wechselte. Angeblich verkaufte der deutsche Unternehmer und Rennfahrer Christian Gläsel aus Detmold kürzlich ein baugleiches Modell dem amerikanischen Trump-Unterstützer und Gründer des Auto-Zulieferers WeatherTech, David MacNeil, für 70 Millionen Dollar.

Vielleicht war auch ein gewisser Promi-Bonus für den Hammer-Preis in Monterey verantwortlich. Das Auto verbrachte 20 Jahre in der Sammlung des amerikanischen Computer-Ingenieurs Gregory Whitten, der eine Reihe weiterer Fahrzeuge aus Maranello sein Eigen nennt und den größten Teil seiner Millionen bei Microsoft mit der Optimierung der Programmiersprache Basic verdient hatte. Zuvor hatte das Auto als Testfahrzeug für Phil Hill (1927 - 2008) zur Vorbereitung auf das Straßenrennen Targa Florio 1961 gedient. Im gleichen Jahr hatte Hill mit einem Punkt Vorsprung vor dem tödlich verunglückten Wolfgang Graf Berghe von Trips die Formel 1-Weltmeisterschaft gewonnen.

Die Ehre, das Auto auf der Sotheby´s-Auktion vorzufahren bekam der fünfmalige Le-Mans-Sieger Derek Bell. Danach ging alles blitzschnell. Auktionator Maarten ten Holder eröffnete zunächst die Auktion auf dem beispiellosen Niveau von 35 Millionen Dollar (30,1 Millionen Euro). Drei Sammler, die daraufhin per Telefon boten, lieferten sich einen heftigen Konkurrenzkampf und bewegten sich manchmal in Millionen-Dollar-Schritten nach oben, bevor nach fast zehn Minuten für 48 405 000 Dollar der Hammer fiel.

Der Aston-Martin DP215 Grand-Touring Competition Prototype (1963) erzielte 18,45 Millionen Dollar
Der Aston-Martin DP215 Grand-Touring Competition Prototype (1963) erzielte 18,45 Millionen Dollar
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Auch auf Platz zwei landete ein Wagen mit prominentem Vorbesitzer: Der 1935er Duesenberg SSJ, der von Gooding & Company für 22 Millionen Dollar (18,92 Millionen Euro) versteigert wurde, gehörte einst der Hollywood-Größe Gary Cooper, einem der berühmtesten Prominenten seiner Zeit. Cooper hatte damals für den Wagen lächerliche 5 000 Dollar bezahlt, während normale Kunden für einen Duesenberg J das Dreifache zahlen mussten. Das Unternehmen, damals kurz vor der Pleite, hatte zwei Exemplare dieses Autos produziert, eines für Cooper, das andere für seinen Kollegen Clark Gable.

Die beiden Autos waren spezielle Speedster, die auf der verkürzten Plattform eines Duesenberg J gebaut wurden, und mit dem leistungsstärksten Motor des J ausgestattet waren, einem 7-Liter-Kompressor-Inline-8 mit 400 PS - 294 kW. Jetzt ist es das teuerste amerikanische und weltweit wertvollste Vorkriegs-Auto, das jemals auf einer Auktion verkauft wurde. Damit wurde der bisherige Rekord von 13,75 Millionen Dollar (11,8 Millionen Euro) im Jahr 2016 für die CSX 2000, die erste von Carroll Shelby gebaute Shelby Cobra, gebrochen.

Der Dritte im Bunde der Rekord-Träger ist der Aston Martin DP 215 von 1963, mit dem Phil Hill 1963 zusammen mit dem Belgier Lucien Bianchi das 24 Stunden-Rennen von Le Mans gewonnen hatte. Sotheby´s brachte für ihn 21,46 Millionen Dollar (18,45 Millionen Euro) zusammen und erzielte damit eine absolute Bestleistung für ein britisches Auto bei einer Versteigerung.

Immerhin schafften es zwei deutsche Vertreter unter die Top Ten: ein Porsche 550A Spider, Baujahr 1957, auf Platz acht, versteigert von Sotheby´s für 4,9 Millionen Dollar (4,21 Millionen Euro) und auf Platz neun - ebenfalls bei Sotheby´s - ein Mercedes-Benz AMG CLK GTR Coupé von 1998 für 4,515 Millionen Dollar (3,8 Millionen Euro).

Ein merkwürdiges, ebenfalls deutsches Objekt kam bei Mecum, dem größten Versteigerungs-Unternehmen der Welt, unter den Hammer: ein Porsche 959 von 1987 mit einem erheblichen Unfallschaden. Normalerweise ist ein solches Auto auf dem heutigen Oldtimermarkt mehr als eine Million Dollar wert. Der Unfallwagen brachte immerhin noch 467 500 Dollar (407 725 Euro).

Der Duesenberg (1935) von Gary Cooper erzielte 18,92 Millionen Euro
Der Duesenberg (1935) von Gary Cooper erzielte 18,92 Millionen Euro
© Gooding
Seltsamerweise ließ die schriftliche Beschreibung für diesen Wagen den beträchtlichen Schaden auf dessen Vorderseite unter den Tisch fallen. Stattdessen war vom 444 PS - 327 kW starken 2,8-Liter-Twin-Turbo-Motor und der 3,6 Sekunden-Beschleunigung von 0 auf 100 km/h die Rede. Das dürfte zurzeit kompliziert werden, es sei denn, das rechte Vorderrad würde wieder eingebaut und die Karosserie auf ihre ursprüngliche Form gebracht. Der Porsche mit 3 500 Meilen auf dem Tacho war vor einem Jahr über einen Makler zum Verkauf für 1,3 Millionen Dollar angeboten worden. Jetzt hatte er zusätzliche 157 Meilen bis zum Crash hinter sich gebracht.

Wenigstens scheint der Motor den Unfall unbeschädigt überstanden zu haben. Jetzt muss sich der neue Besitzer um die Reparatur kümmern. Und die dürfte nicht besonders billig zu haben sein. (ampnet/hrr)


Die Top Ten von Monterey

1. Platz: 1962 Ferrari 250 GTO SI Coupe, 48 405 000 Dollar (Sotheby´s)

2. Platz: 1935 Duesenberg SSJ Roadster, 22 000 000 Dollar (Gooding)

3. Platz: 1963 Aston Martin DP215 Competition Prototype, 21 455 000 Dollar (Sotheby´s)

4. Platz: 1966 Ford GT40 Mk II Coupé, 9 795 000 Dollar (RM Sotheby´s)

5. Platz: 1958 Ferrari 250 GT Tour de France Coupé, 6 600 000 Dollar (Gooding & Company)

6. Platz: 1955 Maserati A6GCS/53 Spider, 5 170 000 Dollar (Gooding & Company)

7. Platz: 1955 Ferrari 500 Mondial SII Spider, 5 005 000 Dollar (Gooding & Company)

8. Platz: 1957 Porsche 550A Spider, 4 900 000 Dollar (RM Sotheby´s)

9. Platz: 1998 Mercedes-Benz AMG CLK GTR Coupé, 4 515 000 Dollar (RM Sotheby´s)

10. Platz: 1956 Maserati A6G/2000 Zagato Berlinetta, 4 515 000 Dollar (RM Sotheby´s)

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