Auktion von Coys of Kensington unter dem Motto "True Greats": March 711 Formula 1 von 1971
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Niki Laudas erster Formel 1-Wagen unter dem Hammer

(Speed-Magazin.de) Die Royal Horticultural Society aus London ist ein exklusiver britischer Verein zur Förderung der Gartenbaukunst, der sich normalerweise um seine über ganz England verstreuten Mustergärten kümmert, ein internationales Pflanzenregister führt und regelmäßig Blumenausstellungen veranstaltet. Kommenden Montag und Dienstag (1. 12. und 2. 12. 2014) allerdings steht die Lindley Hall, eine der beiden Ausstellungshallen des vornehmen Klubs am Vincent Square im Herzen der Hauptstadt Großbritanniens, ganz im Zeichen wertvoller alter Automobile und Motorräder, die dort zusammen mit Filmplakat-Raritäten bei einer Versteigerung des namhaften Auktionshauses Coys of Kensington unter dem Motto "True Greats" - wahre Größen - unter den Hammer kommen sollen.

Die Auktion ist eine gute Gelegenheit, sich noch vor Weihnachten ein Geschenk für die Liebste, für den Liebsten oder für sich selbst zu sichern, vorausgesetzt, die Brieftasche ist mit Banknoten prall gefüllt. Star der Versteigerung wird wohl der March 711 Formel 1-Rennwagen mit der Fahrgestellnummer 711-02 sein, mit dem der spätere dreifache Weltmeister Niki Lauda 1971 seine Karriere in der Königsklasse auf dem Österreichring in der Steiermark begann - allerdings wegen defekter Lenkung mit einem Ausfall.

Lancia Tipo 58 von 1912
Lancia Tipo 58 von 1912
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In den sieben Rennen der Formel 1-Saison 1971 zuvor hatte der Schwede Ronnie Peterson mit diesem Auto und zwei Podiumsplätzen beim Großen Preis von Monte Carlo und dem GP von Silverstone den Grundstein für seine Vizeweltmeisterschaft in diesem Jahr gelegt. "Eine einzigartige Gelegenheit, eines der kultigsten Autos der Formel 1-Geschichte zu ersteigern", so rührt Coys der Werbetrommel für den Rennwagen, der voll funktionsfähig sein soll und zur Zeit noch einem Sammler gehört, der sich den Wagen 1973 zulegte und damit in den vergangenen 40 Jahren an zahlreichen Rennen teilnahm. Einen Mindestpreis teilte das Auktionshaus nicht mit. Er wird sich wohl mindestens im höheren sechsstelligen Bereich befinden.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bugatti Type 57 Series I Ventoux von 1934. Unter der Motorhaube des eleganten, von Jean Bugatti, dem Sohn des Firmengründers Ettore Bugatti, entworfenen 2 + 2-Sitzers arbeitet ein Reihenachtzylinder mit 101 kW / 135 PS. Insgesamt wurden 710 Fahrzeuge der Type 57-Baureihe von 1934 bis 1940 produziert. Ein 1936er Type 57 SC gilt derzeit als teuerstes Automobil der Welt. Das Auto befand sich zuletzt als Prunkstück in einer spanischen Sammlung, zuvor war es in Frankreich zu Hause und gehörte der Familie Prost in Roanne, aus der auch der ehemalige Formel 1-Pilot Alain Prost stammt.

Alfa Romeo 1750 6C von 1929
Alfa Romeo 1750 6C von 1929
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Konkreter, was den Mindestpreis angeht, war Coys beim Mercedes 300 SL aus dem Jahr 1955. Unter einer Million Euro für das Coupé mit Flügeltüren ist nichts zu machen. Den klassischen Sportwagen der 1950er Jahre hatte Mercedes-Benz ursprünglich nicht für die Produktion, sondern als Vorbereitung für die Rückkehr in die Formel 1 gedacht. Erst als der amerikanische Mercedes-Importeur Max Hoffman 1000 Stück orderte, wurden die Pläne geändert. Alles an dem Fahrzeug, das versteigert werden soll, ist original so wie es am 14. Juli 1955 vom Band lief, Lackierung und Felgen ebenso wie der gesamte Innenraum. Das gilt natürlich auch für den Drei-Liter-Sechszylindermotor.

Im Vergleich dazu eher niedrig mit einem Mindestpreis von rund 200 000 Euro kommt als ältestes Modell ein Lancia 20/30 HP Tipo 58 “Epsilon” Corsa aus dem Jahr 1912 unter den Hammer. Das Auto gilt als ältester funktionsfähiger Lancia der Welt und war Teilnehmer an der Targa Florio 1913. Es gehörte zuletzt Oscar Capellano, der einer der angesehensten Autoren und Historiker der Marke Lancia war und im vergangenen Jahr starb. Der Erlös für das Fahrzeug soll an eine gemeinnützige Einrichtung für behinderte Kinder in der Nähe von Turin gehen.

Mercedes 300 SL
Mercedes 300 SL
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Unter den insgesamt 48 Autos der Auktion befinden sich als weitere Leckerbissen gleich zwei Ferrari Testarossa, ein Jaguar E Type Roadster und ein Alfa Romeo 1750 6C von 1929, der mehr als 300 000 Euro bringen soll. Das mit knapp zwei Millionen Euro teuerste Fahrzeug der Auktion wird ein Porsche Werkswagen 904/6 Carrera GTP sein. Damit starteten 1964 Herbert Linge und Robert Buchet vom französischen Porsche-Importeur Sonauto bei der Tour de France Automobile, ein quer durch Frankreich führender Wettbewerb mit Rennen und Rallyesonderprüfungen auf abgesperrten Strecken und belegten den dritten Platz im Gesamtklassement.

Als "ultimatives Weihnachtsgeschenk für Motorradfreaks" bezeichnet Coys die Indian 1300 Four Model 402 von 1931. Das Zweirad des ersten amerikanischen Motorradherstellers überhaupt wurde fünf Jahre lang für rund 10 000 Euro total restauriert, Motor und Getriebe völlig neu aufgebaut. Es gilt als ältestes, noch funktionsfähiges Beispiel für die Indian-Vierzylinder-Ära. Teuerstes Exemplar unter den 18 angebotenen Motorräder der Coys-Versteigerung ist eine Moto Morini 250 Bialbero GP für ein Mindestgebot von etwa 150 000 Euro. Mit der reinrassigen Rennmaschine ohne Zulassung für öffentliche Straßen - mit einem solchen Modell wurde der Italiener Tarquinio Provini 1963 Vizeweltmeister - galt als schnellste Viertelliter-Maschine der Welt.

Hans-Robert Richarz / JM