Die Piloten des HS RallyeTeams kämpften bis zum letzten Tag
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Silk Way Rallye 2012: HS RallyeTeam - Aufstieg in die Prototypenklasse ist geglückt

(Speed Magazin) Die ersten Führungskilometer überhaupt, das beste Tagesergebnis seit 2008 und der siebte Klassensieg bei der 14. Wüstenrallye: Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann haben bei der Silk Way Rallye einen gelungenen Einstand in der Klasse der Allrad-Prototypen hingelegt. Die Piloten des HS RallyeTeams kämpften bis zum letzten Tag um den Sieg und mussten erst auf der furiosen Schlussetappe einen Rückschlag hinnehmen.

Vor dem Start der Silk Way Rallye standen die Vorzeichen für das HS RallyeTeam nicht gerade günstig. Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann gingen stark erkältet auf die 4000 Kilometer lange Reise von Moskau nach Gelendschik am Schwarzen Meer. Zudem war ihr neues Arbeitsgerät erst „just in time“ fertig geworden. Der Allrad-Prototyp SAM 30D CC, erstmals angetrieben von einem Dreiliter-Turbodiesel-Motor von Mercedes, hatte vor der Abreise nur einen Rollout von 70 Kilometern absolviert – sogar die Überführung von der Startrampe auf dem Roten Platz zum Biwak in Rjasan war dreimal so lang.

Doch schon auf der ersten Speziale bewiesen Kahle/Schünemann, dass sie sich von der Erkältung ebenso wenig beeinflussen ließen wie von der kurzen Vorbereitungszeit. Beim zweiten Checkpoint verbuchte der rote SAM mit der Startnummer 105 die schnellste Zeit aller 91 Teilnehmer aus 16 Nationen – damit führte das HS RallyeTeam zum ersten Mal überhaupt eine Wüstenrallye an! Vor dem Hintergrund der bislang geringen Erfahrungen mit dem neuen Fahrzeug nahm die Mannschaft aus Hamburg zwar bewusst gegen Ende

Aufstieg in die Prototypenklasse ist geglückt
Aufstieg in die Prototypenklasse ist geglückt
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der Etappe das Tempo etwas zurück und büßte damit die Spitzenposition ein, dennoch war es ein bewegender Auftakt. SAM-Teamchef Sven Knorr kämpfte im Etappenziel mit den Tränen: „Bei dieser Rallye zahlen sich drei Jahre Entwicklungsarbeit aus.“

Nach Platz Vier zum Auftakt – der besten Tagesplatzierung seit 2008 – hielten Kahle/Schünemann auch an den folgenden Tagen immer den Anschluss zur Spitze, und das trotz eines Antriebswellenschadens, durch den der SAM 200 Kilometer lang nur noch Heckantrieb hatte. „Wir sind von der Test- und Kennenlernphase mit dem neuen Auto und Einsatzteam nahtlos in die Racingphase übergegangen“, strahlte Navigator Schünemann. Gerade einmal 27 Minuten betrug der Abstand zum führenden Christian Lavieille (Dessoude Proto) vor der fünften Etappe, die von der Rallye-Leitung kurzfristig auch zur Schlussetappe erklärt wurde: Aus Respekt vor den Opfern der Flutkatastrophe am Schwarzen Meer wurde der letzte Tag gestrichen und das Ziel nach Maykop vorverlegt, um die Krisenregion am Schwarzen Meer zu meiden. „Die Entscheidung halte ich für gut und richtig, bei solchen Vorfällen spielt der Sport zu Recht eine untergeordnete Rolle“, so Schünemann.

Das Finale von Elista nach Maykop entwickelte sich zu einem wahren Krimi. Auf den letzten 348 Kilometern hatten fast alle Fahrzeuge Probleme. Nach dem Zeitverlust des führenden Lavieille und dem Ausfall des zweitplatzierten Jerome Pelichet (Overdrive-Toyota) hatten plötzlich vier andere Teams Chancen auf den Sieg, darunter auch das HS RallyeTeam. Kahle/Schünemann wollten sich auf der Schlussetappe von Platz Fünf auf Drei verbessern und lagen am ersten Checkpoint voll auf Kurs. Doch dann gab es auch für die Deutschen Probleme: Drei Antriebswellen streikten und der Allradler wurde plötzlich nur noch von einem Rad angetrieben. Mit dem „Einrad“ erreichten Kahle/Schünemann das Ende der Speziale. Im Ziel wurde der SAM trotz des Zeitverlusts von zweieinhalb Stunden als Siebter gewertet – als bester Diesel-Prototyp und mit fast eineinhalb Stunden Vorsprung auf die Achtplatzierten! „Der letzte Tag war der Wahnsinn, so etwas habe ich in meinen 20 Jahren als Rallyefahrer noch nicht erlebt“, beschreibt der siebenfache Deutsche Rallyemeister Kahle. „Rückblickend hätten wir vielleicht sogar gewinnen können. Vor der letzten Etappe hatten wir 18 Minuten Vorsprung auf Balasz Szalay, und der Ungar lag im Ziel nur drei Minuten hinter dem Sieger. Unter dem Strich haben wir eine Menge gelernt, das uns bei der Dakar sicher weit nach vorn bringen wird.“

HS RallyeTeam / J Patric