Alonso und Ferrari sind auf dem direkten Weg zum WM-Titel 2012
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Formel 1 Saison 2012: Gorys Rückblick auf das F1 Rennen in Hockenheim - Wachwechsel?

(Speed-Magazin / Lukas Gorys)  Zeit zum Feiern hatte nach dem 10. Formel 1 Rennen der Saison 2012 in Hockenheim keiner so recht. Die Nationalhymnen für den Ferrari Sieger Alonso und sein italienisches Team waren noch nicht verklungen, als die Mitarbeiter bereits ihre Motorhomes demontierten und die Boxeneinrichtungen in die Trucks verpackten. Noch am Abend musste der gesamte Formel 1 Zirkus in Richtung Ungarn aufbrechen, wo schon am kommenden Freitag das erste Training zum 11. F1 GP in Ungarn stattfindet. In der Hektik des zusammenpackenden Fahrerlagers war es schwer die Ereignisse des Rennsonntags von Hockenheim zu analysieren. Doch das Fazit ist relativ einfach: in der jetzigen Form sind Fernando Alonso und Ferrari auf dem direkten Weg zum WM-Titel 2012. Und Red Bull muss aufpassen sich nicht mit der FIA anzulegen. Das geht nämlich in aller Regel schief...

Dass von der grossartigen Red Bull-Überlegenheit der vergangen Formel 1 Saison nicht viel übriggeblieben ist, deutete sich ja schon in den ersten F1 Rennen in 2012 an. Der RB8 ist trotzdem ein technisches Meisterwerk von Red Bull Stardesigner Adrian Newey, der

Red Bull muss aufpassen sich nicht mit der FIA anzulegen
Red Bull muss aufpassen sich nicht mit der FIA anzulegen
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allerdings in dieser Saison bis an die Grenzen des FIA Reglements gehen muss, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Offenbar geht er manchmal einen kleinen Schritt zu weit.

Die FIA steht Red Bull deshalb in dieser Saison mächtig auf den Füssen und verbietet die kleinen und grossen Geniestreiche des Meister-Konstrukteurs. Da war zunächst das ominöse Loch im Unterboden, das den RB7 in Monaco illegal werden liess. Da aber niemand offiziell protestierte und Red Bull versprach das Loch ab dem F1 GP Kanada zu schliessen, durfte Red Bull das Rennen im Fürstentum Monaco fahren. Prompt gewann Mark Webber.

Schon beim folgenden F1 Rennen in Montreal kritisierten die technischen Regelhüter der FIA Red Bull erneut: die Bremsbelüftung der Vorderbremsen entsprach nicht dem FIA Reglement und musste umgebaut werden. „Einmal ist es der Unterboden, dann die Bremsen, irgendwas ist angeblich immer illegal bei uns“, zuckte Sebastian Vettel damals noch die Schulter, nahm die Plänkeleien zwischen Newey und der FIA nicht ganz so ernst.

Im Formel 1 Rennen in Valencia schien der Red Bull auf einmal noch stärker geworden zu sein. Ein neuer Schlitz im seitlichen Bereich des Unterbodens war die angebliche Ursache. Vettel war in Valencia ultraschnell und hätte das Rennen dort locker gewonnen. Wenn nicht seine Lichtmaschine überhitzt hätte. Den Grund suchte Vettel bei der FIA: „Die Safety-Car-Phase hat uns das Genick gebrochen", sagte Vettel nach dem Ausfall. Und weiter: "Ich denke der Grund ist allen klar warum das Safety Car kam. Ich glaube nicht, dass eine Gefahr bestand." Will heissen: die FIA benutzte seiner Meinung das Safetycar um ihn einzubremsen und seinen Vorsprung zu kassieren. Nebeneffekt: durch die langsame Fahrt im heissen Valencia überhitzte Vettels Lichtmaschine – und Ferrari gewann mit Alonso!

In Hockenheim stand Red Bull erneut im Zentrum der FIA-Kommissare
In Hockenheim stand Red Bull erneut im Zentrum der FIA-Kommissare
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Im zehnten Formel 1 Rennen 2012 am vergangenen Wochenende in Hockenheim stand Red Bull erneut im Zentrum der FIA-Kommissare: das Motormapping von Red Bull sei illegal, hiess es noch am Sonntag Morgen. Von Disqualifikation war die Rede oder einem Start aus der letzten Reihe. Renault hat den Drehmomentverlauf derart verändert, dass im mittleren Drehzahlbereich weniger Drehmoment als möglich erzeugt wird, aber umso mehr Abgas – und das wird über das aerodynamisch ausgeformte Auspuffsystem ausgeblasen und erzeugt beim Gaswegnehmen mehr aerodynamischen Abtrieb als bei normalen Drehmomentverlauf. Klingt kompliziert, ist deshalb umso genialer und entsprach nach Überprüfung doch dem FIA Reglement, das in diesem Bereich zu ungenau formuliert war. Red Bull hätte bei einer Berufung nach einer Strafe Recht bekommen. Ab dem kommenden Wochenende wird dieser technische Kniff in der Motorelektronik verboten sein.

Es ist ähnlich wie in mehr oder weniger gelungenen Kriminalromanen: erwischt die Polizei einen –nennen wir es mal- cleveren Gesetzesverbieger, der sich nach seiner Verhaftung aufgrund schlecht formulierter Gesetze herauswinden kann, werden die gefrusteten Polizisten in der Folge alles daran setzen, um ihrem „Freund“ doch noch etwas am Zeug flicken zu können.

Und es scheint so, als ob genau das im F1 Rennen in Hockenheim passierte. Als Sebastian Vettel Jenson Button mit allen vier Rädern ausserhalb der Strecke überholte, war das für die FIA der Moment, um Red Bull auf die Finger zu klopfen. Die 20 aufgebrummten Straf-Sekunden raubten Vettel den zweiten Platz und lassen ihn in der WM-Wertung noch weiter hinter Alonso zurückfallen. Zuvor wurde noch in der Fahrerbesprechung darauf hingewiesen, dass in der Spitzkehre die Strecke nicht mit allen vier Rädern verlassen werden darf. Passiert es wie im Fall Vettel doch, hat der Fahrer noch immer die Möglichkeit den Konkurrenten wieder durchzuwinken. In diesem Fall wäre wohl alles in Ordnung gewesen.

Und was tut Red Bull? Anstatt die Wogen zu glätten, legt das österreichische Team im Kampf mit der FIA nach: Red Bull Motorsportchef Dr. Helmut Marko konnte die Bestrafung Vettels nicht nachvollziehen und verglich im Red Bull-Haussender Servus TV am Montag die Strafe „mit einem Hühnerdieb, der dafür die Todesstrafe erhält“. Es kann sein, dass Dr. Marko sich nicht mehr daran erinnert was letztes Jahr mit McLaren Pilot Lewis Hamilton passierte, der beim F1 Rennen in Monaco behauptete, dass die FIA es auf
Vettel hat mittlerweile 44 Punkte Rückstand auf Alonso
Vettel hat mittlerweile 44 Punkte Rückstand auf Alonso
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ihn abgesehen hat weil er schwarz ist… Hamilton stand bei den folgenden Rennen unter verstärkter Beobachtung der Rennkommissare und musste sich für jede Kleinigkeit verantworten.

Red Bull hat Sebastian Vettel wahrscheinlich mit den technischen Grenzüberschreitungen einen Bärendienst erwiesen. Der F1 Weltmeister von 2011 hat mittlerweile 44 Punkte Rückstand auf Fernando Alonso. Das ist eine Menge zur Halbzeit - vor allem, weil Alonso nicht der Fahrer ist, der sich einen derartigen Vorsprung so leicht wieder abnehmen lässt, geschweige denn unter Druck Fehler macht. Sowohl Vettel als auch McLaren Pilot Button bissen sich an dem Ferrari-Star in Hockenheim die Zähne aus.

In die F1 Sommerpause geht Alonso auf jeden Fall als deutlicher WM-Leader. Man spürt: es riecht nach einem Wachwechsel in der Formel 1.

Lukas Gorys

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