Mercedes-Benz W 125 (1937)
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Formel 1 im Rückspiegel: Der Mercedes-Benz W 125 durfte nur eine Saison lang siegen

(Speed-Magazin.de) Mit einem Sieg am 9. Mai 1937 feierte der 750-Kilogramm-Rennwagen Mercedes-Benz W 125 beim Großen Preis von Tripolis vor 80 Jahren seine Rennpremiere. Er wird danach die gesamte Saison dominieren. Doch es sollte seine einzige bleiben, denn 1937 ist die letzte Saison, in der die 750-Kilogramm-Formel in der Grand-Prix-Europameisterschaft gilt. Mit dem W 125 gewannen die Fahrer der Stuttgarter Rennmannschaft vier der fünf für die Europameisterschaft gewerteten Grands Prix.

Innerhalb weniger Monate sollte bei Mercedes-Benz für die Grand-Prix-Europameisterschaft 1937 ein komplett neuer Rennwagen entstehen. Diese Aufgabe stellte der junge Ingenieur Rudolf Uhlenhaut, Leiter der gerade erst geschaffenen technischen Rennabteilung der Stuttgarter Marke, seinen Konstrukteuren im Sommer 1936. Denn der W 25, der erste der legendären Mercedes-Benz Silberpfeile, war nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den stärksten Rivalen im Feld, den Rennwagen der Auto Union. Die Anforderungen an das W 125 genannte neue Fahrzeug waren klar: Er musste unter anderem einen verwindungssteiferen Rahmen erhalten, brauchte eine andere Fahrwerksabstimmung und verlangte nach einem stärkeren Motor.

Hermann Lang (in Führung liegend) gewann mit dem Mercedes-Benz W 125 den GP von Tripolis 1937
Hermann Lang (in Führung liegend) gewann mit dem Mercedes-Benz W 125 den GP von Tripolis 1937
© Daimler
Es galt, das bewährte Konzept des ersten Silberpfeils vollkommen neu zu denken. Bereits am 9. September 1936 lag von Josef Müller ein erster Gesamtentwurf vor, der schon sämtliche Merkmale des späteren Rennwagens aufwies. Der Radstand wuchs um fast drei Zentimeter auf 2798 Millimeter. Und durch den Einsatz von Ovalrohren als Längsträger sowie Rundrohren als Querträger stieg die Verwindungssteifigkeit des Rahmens um den Faktor 2,65 gegenüber dem W 25.

Revolutionär war die Auslegung des Fahrwerks mit weicher Federung und kräftiger Dämpfung. Der Federweg an der Vorderachse wuchs um fünf Zentimeter auf 140 Millimeter. Optimiert wurde auch die Aerodynamik der Karosserie mit ihren charakteristischen drei Kühlöffnung in der Front: Der cw-Wert sank von 0,620 auf 0,589.

Von der visionären Kraft und dem Mut des Projektes spricht aus heutiger Sicht insbesondere die Entwicklung des ganz neuen Motors, denn es war von vorneherein klar, dass es bereits 1938 die 750-Kilogramm-Formel nicht mehr geben und eine neue – hubraumbezogene – Formel eingeführt würde. Das neue Aggregat hatte also nur ein Jahr die Gelegenheit, in der Königsklasse des Rennsports eingesetzt zu werden. Doch alle Beteiligten, von der Unternehmensleitung angefangen, unterstützten das Vorhaben. So entstand unter der Federführung des Motorenkonstrukteurs Georg Scheerer der M 25, ein von einem Roots-Kompressor mechanisch aufgeladener Reihenachtzylinder mit 5660 Kubikzentimetern Hubraum. In den Rennen des Jahres 1937 erreichte der W 125 Geschwindigkeiten von mehr als 300 km/h. Sein Motor leistete dabei zwischen 409 kW / 556 PS und 430 kW / 585 PS, auf dem Prüfstand waren es sogar 475 kW / 646 PS.

Großer Preis von Deutschland am 25. Juli 1937 auf dem Nürburgring kurz nach dem Start
Großer Preis von Deutschland am 25. Juli 1937 auf dem Nürburgring kurz nach dem Start
© Daimler
Der erste von insgesamt elf gebauten W 125 wurde im Februar 1937 fertiggestellt und absolvierte mit Rudolf Caracciola und Hermann Lang am Steuer erste Testfahrten in Monza. Den Sieg bei der Rennpremiere im Mai vor 80 Jahren holte dann Lang. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 212,5 km/h fuhr der gebürtige Stuttgarter dabei seinen ersten Grand-Prix-Sieg ein. In der weiteren Motorsportsaison 1937 triumphierte der neue Silberpfeil bei vier von fünf Rennen, die zur Europameisterschaft gewertet wurden: Doppelsiege gab es im Großen Preis von Deutschland am 25. Juli (Rudolf Caracciola vor Manfred von Brauchitsch) sowie im Großen Preis von Italien am 12. September (Caracciola vor Lang). Dreifachsiege erzielte Mercedes-Benz im Großen Preis von Monaco am 8. August (von Brauchitsch vor Caracciola und Christian Kautz) sowie im Großen Preis der Schweiz (Caracciola vor Lang und von Brauchitsch).

Am Ende der Saison wurde Rudolf Caracciola zum zweiten Mal nach 1935 Grand-Prix-Europameister. Seinen dritten Titel holte er sich im folgenden Jahr auf dem vollständig neu entwickeltem 3-Liter-Rennwagen W 154.

Der Silberpfeil fuhr 1937 aber auch andere Siege ein: Im Internationalen Avus-Rennen Berlin am 30. Mai, bei dem zusätzlich noch ein Vorjahresfahrzeug zum Einsatz kommt, und beim Großen Masaryk Preis Brno am 26. September.

Ausstellungsmodell des Mercedes-Benz W 125 (1937)
Ausstellungsmodell des Mercedes-Benz W 125 (1937)
© Daimler
Mercedes-Benz setzte den W 125 zudem erfolgreich bei Rekordfahrten und Bergrennen ein. Rudolf Caracciola erzielte am 28. Januar 1938 mit einem vollverkleideten W 125 bei Rekordfahrten auf der Autobahn zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt internationale Geschwindigkeitsrekorde der Klasse B. Der Wagen wurde von einem 541 kW / 736 PS starken 5,6-Liter-Zwölfzylinder angetrieben. Caracciola absolvierte den Kilometer mit fliegendem Start mit 432,7 km/h und die Meile mit fliegendem Start mit 432,4 km/h. Das sind bis heute die höchsten auf einer öffentlichen Straße bei einem Rekordversuch erreichten Geschwindigkeiten.

AMPNET / JN