Lewis Hamilton siegt in einem doch spannenden siebten F1 Saisonlauf
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Formel 1 GP Kanada 2012 Gorys: Nicht Vettel, sondern die Pirelli Ein-Aus-Schalter dominierten das F1 Rennen

(Speed-Magazin / Lukas Gorys) Für einen Formel 1 GP Kanada war das Rennen am vergangenen Sonntag in Montreal ja eigentlich eine ruhige Veranstaltung: Keine einzige Safetycar-Phase, kein Regenschauer, keine Biber auf der Strecke. Lange Zeit schien das Formel1 Rennen fast langweilig zu sein. Es sah so aus, als ob die Normalität in der F1 wieder Einzug gehalten hätte: ein überlegener Sebastian Vettel im Red Bull, der ungefährdet seine Runden abspult, dahinter seine grössten Gegner Lewis Hamilton im McLaren und Fernando Alonso im Ferrari. Auch nach den ersten Reifenstops war dieses Bild kaum gewandelt: es führte Lewis Hamilton vor Alonso und Vettel. Dann aber, im letzten Drittel des 7. Formel 1 Rennens, wurde plötzlich wieder die 2012 er Pirelli-Reifen-Wundertüte geöffnet.

Sebastian Vettel betrieb zum Ende des Rennens Schadensbegrenzung
Sebastian Vettel betrieb zum Ende des Rennens Schadensbegrenzung
© Lukas Gorys
Und da - mit nur noch wenigen Runden des Formel 1 Rennens zu fahren - da zeigte sich auf einmal, dass manche F1 Piloten mit einem einzigen Reifenwechsel-Stop durchfahren konnten (oder wollten), während andere F1 Fahrer zweimal stoppen mussten, weil deren Pirelli-Reifen einfach am Ende waren. „Ausgeschaltet“, wie Sebastian Vettel dieses Verhalten der Reifen am Samstag genannt hatte. Nach seiner Pole sprach Vettel davon, dass man es quasi schaffen muss seine Reifen „einzuschalten“. Ein schöner Begriff, der die Diffizilität der diesjährigen Reifen in der Königsklasse anschaulich beschreibt.

Interessant ist, dass einige Piloten, die in der Vergangenheit nicht so sehr im Rampenlicht gestanden waren, offenbar hervorragend den Ein/Aus-Schalter betätigen können. Sergio Perez wird ja schon seit einiger Zeit als Reifenflüsterer gelobt, der wie nur wenige seiner Formel 1 Konkurrenten das Verhalten der Pirelli-Reifen lesen und für sich nutzen kann. „Wenn man von Platz 15 losfährt kann man nicht auf einen Podiumsplatz hoffen“, sagte Peter Sauber nach dem Rennen mit stolzgeschwellter Brust. Es sei denn man hat einen Fahrer, der den Ein/Aus-Knopf der Reifen gefunden hat und damit souverän auf das Podium fährt.

Die Ein- und Ausschalter der Königsklasse
Die Ein- und Ausschalter der Königsklasse
© Lukas Gorys
Ebenso ein Reifenflüsterer muss wohl auch Romain Grosjean sein. Der zweite Lotus-Fahrer ist ja eher von der unscheinbaren Sorte. Im Vergleich zu seinem illustren Teamkollegen Kimi Raikkönen ist Grosjean eigentlich ein blasser Niemand, ohne jedes Charisma, das erfolgreiche F1-Piloten umgibt. Allerdings: der Erfolg gibt ihm recht. Denn wenn es darauf ankommt, dann ist Grosjean zumindest in der Formel 1 Saison 2012 bei der Musik. Jedenfalls, wenn er nicht gerade in Kollisionen verwickelt ist und es ordentlich heiss ist. In den letzten Runden des Montreal-Rennens liess der gebürtige Schweizer Grosjean seinen Gegnern mit den grossen Namen keine Chance und holte sich verdient den Platz 2.

„Die steigenden Temperaturen spielen uns in die Karten“, sagte Sebastian Vettel noch am Samstag. Das Gegenteil war für Red Bull am Sonntag der Fall. Als Vettel realisierte, dass er mit einem Stop nicht durchkommen würde, reagierte er gerade noch rechtzeitig, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Ganz im Gegensatz zu Fernando Alonso, der am Ende mit ausgeschalteten Reifen durch das Feld durchgereicht wurde. Deshalb war Vettel im Rahmen der Schadensbegrenzung zufrieden. „In diesem Jahr wird es am Ende auf jeden Punkt ankommen. Insofern ist das Ergebnis in Ordnung.“ In der Tat: Wenn beim Formel 1 Saisonfinale 2012 in Sao Paulo zwei oder mehr Fahrer die gleiche Anzahl von Punkten haben, zählt die grössere Anzahl der besseren Ergebnisse. Da kann dann schon für den WM-Titel entscheidend sein, dass man einen vierten Platz mehr auf dem Konto zählt als Fernando Alonso...

Zum Ende wurde Alonso mit ausgeschalteten Reifen durchgereicht
Zum Ende wurde Alonso mit ausgeschalteten Reifen durchgereicht
© Lukas Gorys
Den richtigen Ein-Aus-Schalter hat auch Michael Schumacher in Montreal vermisst. Man mag von Michaels zweiter Karriere halten was man will. Jedoch so schlecht, wie ihn sein Mercedes AMG GP Petronas Bolide derzeit aussehen lässt, ist Schumi sicherlich noch lange nicht. Dass der DRS-Flügel blockiert, kann ja vorkommen. Trotzdem muss man dem Team einen schweren Vorwurf der Fehlkonstruktion machen: DRS ist ein sicherheitsrelevantes Teil des Wagens. Wie man bei Schumi in Montreal gesehen hat, lässt sich der Wagen mit geöffnetem DRS fast nicht durch Kurven lenken, was zu Unfällen führen kann. Wieso konstruiert man überhaupt das DRS so, dass es im Fehlerfall offen stehenbleibt? Das kann man fast mit einer Fahrstuhlkonstruktion vergleichen, die bei Stromausfall in allen Stockwerken automatisch die Fahrstuhltüren öffnet...

Lukas Gorys

Kanada - Montreal: News & Ergebnisse