"Für mich war das ein Schock"
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DTM: Audi-Pilot Jamie Green im Interview über seine schwere DTM-Saison in 2018

(Speed-Magazin.de) Seit 14 Jahren fährt Jamie Green in der DTM. Elf Mal landete der Brite in diesem langen Zeitraum unterm Strich mindestens auf Platz sieben und besser. Von 177 Rennen gewann der 36-Jährige immerhin 16. In den Jahren 2015 bis 2017 war der Audi-Pilot am Ende Zweiter, Dritter und Dritter der Fahrerwertung. Und dann kam 2018. Der Routinier fuhr chancenlos hinterher, beendete die Saison als 18. und damit Letzter der Gesamtwertung. DTM.com hat nachgefragt. Im Interview äußert sich Green zu den Gründen und seinen Gedanken nach einem Motorsport-Jahr zum Vergessen in der DTM. 

Wenn du deine DTM-Saison 2018 in kurzen Worten beschreiben sollst, was sagst du?
Das war offensichtlich die schlechteste DTM-Saison meiner Karriere. Ich bin Letzter geworden, das ist mir vorher nie passiert.

Von 2015 bis 2017 warst du Zweiter, Dritter und Dritter in der Fahrerwertung. Du hast 16 DTM-Rennen gewonnen. Was ist in diesem Jahr passiert?
Die Regeln haben sich im Vergleich zum Vorjahr stark verändert. Zu Beginn der Saison hatten alle Audis damit zu kämpfen. An den ersten drei, vier Wochenenden gab es große Probleme. Speziell mein Ingenieur und ich haben keine großen Fortschritte beim Setup des Autos gemacht, weil wir nicht testen konnten. Wir haben die Dinge nie richtig sortiert bekommen. Erst am Ende wurde es besser, aber da war die Saison vorbei. Einige Jungs haben es hinbekommen, besonders René. Aber, auch die anderen Audi-Fahrer hatten viele Auf und Abs. Und die anderen Hersteller waren auch nicht konstant.

Das kann aber nicht die ganze Wahrheit sein. Du bist schließlich Letzter geworden. Was waren aus deiner Sicht die Gründe für dein persönlich schlechtes Abschneiden?

2018 war kein gutes Jahre für Jamie Green
2018 war kein gutes Jahre für Jamie Green
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Aus der Sicht von Audi geht es an einem bestimmten Punkt der Saison nicht mehr darum mich von Platz 18 auf Platz zehn zu bringen. Der Fokus liegt dann woanders. Im großen Ganzen ist das nicht wichtig. Das Ziel war, René zu unterstützen, damit er den Titel gewinnen kann. Gegen Ende der Saison war ich am unteren Ende der Prioritätenliste. Besonders am letzten Wochenende in Hockenheim habe ich versucht, René im Qualifying zu helfen, indem ich ihm Windschatten gegeben habe. Wenn du schlechte Resultate hast, wirst du in den letzten Rennen zu einem unterstützenden Teamplayer. Dadurch kannst du dich im Gesamtklassement natürlich nicht mehr verbessern. Und wie ich schon sagte, mein Ingenieur und ich haben nicht das richtige Setup gefunden und ich habe mich dem Auto nicht gut genug angepasst.

Hattest du in dieser Saison irgendwann mal Zweifel an deinen fahrerischen Fähigkeiten?
Nein.

Ein bekanntes Automagazin hat dich als die Enttäuschung der DTM-Saison 2018 bezeichnet. Was sagst du dazu?
Nichts wirklich. Wenn du einen guten Job machst, erklären dich die Medien zum Superstar. Und wenn du einen schlechten Job machst, ist das Gegenteil der Fall. Natürlich bin ich nicht zufrieden. Ich hatte nach Hockenheim eine Pause und ein wenig Zeit, über das Jahr nachzudenken. Ich fange jetzt wieder damit an, mich körperlich optimal auf 2019 vorzubereiten. Ich muss aus diesem schlechten Jahr meine Lehren ziehen und im nächsten Jahr werde ich wieder versuchen, mein Bestes zu geben.

Was kannst du denn aus diesem Jahr lernen?
Wie man es nicht macht. Als Sportler bleibst du durch so eine Erfahrung mit den Füßen auf dem Boden. Das ist wichtig. Ich bin kein arroganter Mensch. Wenn du große Erfolge feierst, darfst du nicht übermütig werden. Ich war in den letzten 14 Jahren sehr oft vorne mit dabei. Die Medien erwarten auch, dass du immer schnell bist und vorne mitfährst. Für manche ist das dann schockierend. Für mich war das auch ein Schock. Wir haben nicht das Beste aus dem Auto rausgeholt. In Zukunft muss ich versuchen, flexibler mit meinem Fahrstil zu sein und schneller zu reagieren, wenn das Auto nicht im Fenster ist.

War der packende Dreikampf mit Mike Rockenfeller und Timo Glock in Brands Hatch dein Highlight der Saison?
Nein, eigentlich nicht. Wenn wir über diese Szene reden: Ich habe versucht Timo links vor der Geraden zu überholen. Und am Ende hat „Rocky“ uns beide passiert, wenn ich mich recht erinnere. Das Manöver ist nicht wirklich gut gelaufen für mich. Aber es war zweifelsohne eine denkwürdige Rennsituation. Es ist schön, dass ich ein Teil davon war. Drei Autos, die Tür an Tür die Gerade rauf rasen. Brands Hatch ist eine Vollgas-Rennstrecke. Der Kurs ist wirklich toll.

Was war dann dein persönliches Highlight?

Das Sonntagsrennen am Lausitzring war für Green der Höhepunkt der Saison
Das Sonntagsrennen am Lausitzring war für Green der Höhepunkt der Saison
© DTM
Aus meiner Sicht war es das sonntägliche Rennen am Lausitzring. Am Samstag ist beim Start Nico Müllers Audi stehen geblieben und ich bin ungebremst in das Heck gerauscht. Bei dem Auffahrunfall gab es einen erheblichen Blechschaden. Meine Mechaniker mussten den ganzen Abend an dem Auto herumschrauben. Renés Auto wurde ja im selben Rennen zerstört. Das war sehr viel Arbeit für die Jungs. Ich war 16. in der Startaufstellung und bin Sechster geworden am Ende. Ich bin in der ersten Runde zum Reifenwechsel an die Box. Das war eine mutige Entscheidung. In der letzten Runde habe ich mit wirklich alten Reifen in Kurve eins noch Philipp Eng auf der Außenbahn überholt. Das war ein starkes Rennen von mir nach einem schwierigen Wochenende.

Was sagt der Brite Jamie Green zum Einstieg von Aston Martin in die Serie?
Das ist gut, sehr positiv. Ich fahre schon lange in der DTM und ich bin begeistert von der Serie. Und es gab ja eine gewisse Zeit lang ein großes Fragezeichen wie und ob es weitergeht. Und alle, die involviert sind, haben sich Gedanken über die Zukunft gemacht. Der Einstieg war unglaublich wichtig. Es fühlt sich ein bisschen an, als wäre die DTM dadurch wiedergeboren. Der Ausstieg von Mercedes-AMG hat alle aufgeweckt. Gerhard Berger und die Promoter haben viel Arbeit reingesteckt, was notwendig war, um alles aufzufrischen und die Rennen wieder spannend und interessant zu machen. Die DTM hat sich in die richtige Richtung bewegt. Hoffentlich kann die Serie weiter wachsen. Das ist nun mit Sicherheit möglich.

Wie ist deine Meinung zum „CLASS-1“-Reglement? Wie findest du die leistungsstärkeren Vier-Zylinder-Turbomotoren mit zwei Litern Hubraum?
Das war ein notwendiger Schritt. Wir können nicht ewig mit den V8 weiterfahren. Wir haben das für eine lange Zeit getan. Es war wichtig, etwas moderner zu werden. Ich begrüße es, dass die Motoren mehr PS haben. Der Topspeed könnte mit DRS am Ende der Geraden bei über 300 km/h liegen. Das ist sehr cool. Generell macht es viel Sinn, ein „CLASS-1“-Reglement zu haben, damit du mit einem Auto in mehreren Serien starten kannst. Das ist effektiv. Die Verbindung zur SUPER GT ist logisch. Davon profitieren hoffentlich beide Serien in Zukunft.

Abschließende Frage, fährst du nächstes Jahr wieder in der DTM?
Wir müssen die Nominierung von Audi abwarten. Ich bin zuversichtlich und motiviert. Ich bin bereit.

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